Wenn man, wie wir, YouTube so sehr liebt, dass man professionell Content dafür erstellt, möchte man die Plattform auch wirklich verstehen. Konkreter: die Creator und ihre Fans. Man möchte sie nicht nur verstehen, man muss es sogar. Nur so kann man besser werden in dem, was man tut. Und genau an dieser Stelle standen wir als Klein aber vor einem Problem. Für unsere Analysen brauchen wir ein Tool, das unseren über Jahre gewachsenen Anforderungen und Erwartungshaltungen gerecht wird. Weil es aber ein solches Analyseprogramm noch nicht wirklich gibt, mussten wir es selbst entwickeln. Mic Drop.
We proudly present: Clustr
Eines der ersten Themen, das uns beschäftigt hat, war die Auseinandersetzung mit der Frage, ob Katzenvideos (kein Scherz!) in sozialen Medien wirklich der Renner schlechthin sind. Denn mal ganz ehrlich: Es scheint so, als würden alle, wirklich alle, Katzenvideos lieben. Aber ist das wirklich so? Keine Sorge, wir lassen das eben dramatisch fallengelassene Mikro nicht liegen, sondern heben es wieder auf. Schließlich gibt es viel zu erzählen.
Aktuell sind wir in einer internen Testphase von Clustr, dem von uns entwickelten Analyse-Tool, das dabei helfen soll, alle jemals hochgeladenen deutschsprachigen YouTube-Videos bei relevanten Fragestellungen zu berücksichtigen. Ganz gleich ob für unsere eigene Arbeit oder die von Brands, die mit den Ergebnissen herausfinden möchten, welche Themen und Erzählformen besonders attraktiv sind, um aufgegriffen und adaptiert zu werden. Noch stehen wir dabei am Anfang unserer Reise – von den ersten Schritten wollen wir hier erzählen.
Unser liebstes soziales Netzwerk ist auch für die meisten User*innen der Ort, an dem sie sich am wohlsten fühlen und zu dem sie Woche für Woche immer wieder gern zurückkehren. Videos, auch Shorts, werden über alle Generationen hinweg, auch bei der Gen Z, am liebsten auf YouTube geschaut.
Genau das haben auch viele Brands schon erkannt: Zu den erfolgreichsten Channels in diesem Jahr gehört auch der der Marke Pepelini, auf dem ohne Ende Süßigkeiten promotet werden. Mit seinen 128 Videos kommt der Kanal dabei auf 752k Views und 33,2k Engagements im Median. Überhaupt scheinen Kinder eine verlässliche Zielgruppe zu sein: Betrachtet man die vergangenen drei Monate, dann ist Mascha und der Bär das mit Abstand erfolgreichste Kinder-Format auf YouTube. Der Short „Die Kraft der Liebe🥰“ erreicht sogar mehr als 16 Mio Views.
You can’t get 10 million views unless 10 million people click on the video.
-MrBeast
Wer jetzt denkt, dass Shorts besonders zugkräftig sind, liegt gar nicht so verkehrt. Trotzdem muss gleich ein einschränkendes Aber folgen: Nur 5% der Kanäle, die wir uns in unserem Analysezeitraum angeschaut haben, veröffentlichen ausschließlich Shorts. 54% der Kanäle veröffentlichen einen Mix aus Shorts und Longform-Content. 41% der Kanäle fokussieren sich auf reinen Longform-Content. Insgesamt bedeutet das also, dass lange Videos immer noch die beliebteste Form sind, um Geschichten zu erzählen. Die Vorteile von Longform Video liegen ganz klar auf der Hand: Sie sorgen für eine längere Bindung der Zuschauer:innen und erreichen diese mit jeder Minute deutlich günstiger.
Zwar haben Shorts im Median und Mean mehr Ausreißer bei den Views – lässt man bei dieser Analyse diese Ausreißer aber außer acht, dann haben im Schnitt die Longform Videos mehr Views. Hinzu kommt, dass Shorts mehr Likes einsammeln, die Bereitschaft zu kommentieren bei langen Videos aber größer ist. Eine andere Erkenntnis, die unser neues Analyse-Tool zu Tage gefördert hat, ist die schlechtere Performance kurzer Longform Videos: Konkret betrachtet haben wir Videos mit einer Länge von 1-10 Minuten im Vergleich zu Shorts und Longform Videos, die sich wirklich Zeit nehmen für ihr Thema.
Welcher Content kommt denn nun am besten an?
Wer also bei seiner Zielgruppe punkten will, macht entweder gute Shorts oder noch bessere längere Videos. Unsere Kleinanzeigen WG ist ein Paradebeispiel dafür, dass es durchaus gelingen kann, die Watchtime zu verlängern – also Menschen das Gefühl zu geben, ihre freie Zeit nicht mit einer Marke zu verbringen, sondern sie immer wieder in abwechslungsreiche Geschichten zu investieren.
Über 30% aller Deutschen zwischen 13-34 Jahren schauen die Kleinanzeigen WG.
-FactWorks Survey
Seit dem Start des Formats ist es uns gelungen, die Zuschauerbindung mehr als zu verfünffachen. 73 Prozent der Videos werden organisch geschaut. Um das einmal ganz klar zu sagen: Es gibt Menschen, die jeden Montag und Donnerstag auf die neue Folge ihrer Lieblings-WG warten und den Kanal gezielt dafür aufrufen. Es ist nicht einfach, sich eine solche Audience aufzubauen. Aber auch wenn es eine Binsenweisheit ist, gibt es keinen besseren Platz als diesen hier, um sie zu wiederholen: Nehmt eure Fans und das Publikum ernst, geht wertschätzend mit ihnen um und sie werden es honorieren.
Mit unserem Analyse-Tool haben wir uns auch die Content-Kategorien angeschaut, um herauszufinden, welche Inhalte besonders gut performen. Dabei kam heraus, dass People-und-Society-Themen stark gefragt sind, dicht gefolgt von Content aus den Bereichen Gaming, Sport, Comedy und Food. Genauer: Deutschsprachige Videos aus dem People-und-Society-Bereich haben innerhalb des Monats Juli 1.131.297K Views erhalten. Videos mit Gaming-Schwerpunkt kamen im gleichen Zeitraum auf 899.825K Views, während Sport-Content 567.898K Views generieren konnte.
Die große Frage, die nun wie ein Mammut im Raum steht, ist: Sollten wir also nur Gossip-, Gaming- und Sport-Videos machen? Bisher lag unser Fokus bei der Analyse auf den Views. Wichtig sind aber auch die Likes per View. Der erfolgreichste Content unter Berücksichtigung dieses Aspekts sind Videos aus den Bereichen Spiritualität, Bücher und deutsche Politik. Schaut man sich nun die Anzahl der Kommentare per View an, dann performen Videos am stärksten, die sich mit deutscher Politik befassen, dicht gefolgt von der internationalen Politik und den Videos mit spirituellen Content.
Im Zuge der hier vorgestellten Analyse und Ergebnisse haben wir dann auch eine – zumindest momentane – Antwort auf eine der Fragen gefunden, die sich das Internet seit seinem Bestehen stellt. Nämlich mit welchem Tiercontent man in YouTube-Videos den meisten Erfolg hat und der finalen Klärung der Frage, ob Katzen wirklich die stärkste Zugkraft haben. Und siehe da: Es sind nicht die vermuteten Katzenvideos. Denn wie die Grafik zeigt, gibt es mehr Content über Hunde als über Katzen. Unsere Auswertung legt nahe, dass Creator deshalb mehr über Hunde erzählen, weil sich die bellenden Familienmitglieder doch deutlich größerer Beliebtheit erfreuen – also das sicherere Pferd sind.
Ein ganz anderes Tier bildet den traurigen Schlussstrich innerhalb des Analysezeitraums: In gerade mal 28 Videos wurde innerhalb unseres einmonatigen Analysezeitraums über Meerschweinchen gesprochen. Und das lässt uns fassungslos zurück. Wenn wir eine Kritik an diesem Ergebnis haben, dann dass Meerschweinchen mehr Content verdienen. Zumindest unsere Views wären den Creators auf jeden Fall sicher. Quiek-quiek.
–Ronny Janke